4. Finanzpolitik

Nach der vollständigen Entschuldung Bremerhavens durch das Land im Jahre 2019 ist die Seestadt auch als Folge der Corona-Pandemie neue Verbindlichkeiten im Rahmen des

„Bremerhaven-Fonds“ eingegangen. Auch wenn die Aufnahme neuer Schulden in dieser Sondersituation bis zu einem gewissen Grad notwendig war, um die Wirtschaft am Standort Bremerhaven zu stützen, darf die Kreditfinanzierung öffentlicher Aufgaben nicht wieder zur Regel werden. Die hemmungslose Schuldenmacherei zu Lasten künftiger Generationen, die Bremerhavens Finanzpolitik über Jahrzehnte geprägt hat, muss endgültig der Vergangenheit angehören!

Damit Bremerhaven unter diesen Vorzeichen auch in Zukunft die erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen, um seine öffentlichen Aufgaben erfüllen zu können, muss es – neben einem möglichst effizienten Einsatz der Gelder – vor allem darum gehen, die kommunalen Steuereinnahmen durch eine aktive Standortpolitik zu erhöhen. Diese Politik hat erstens darauf abzielen, mehr Unternehmen vor allem aus innovativen Branchen des Klein- und Mittelstandes in der Seestadt anzusiedeln. Zweitens muss die Einwohnerzahl gesteigert werden, um die Massenkaufkraft zu stärken und so den Konsum zur Förderung von Handel, Handwerk und Gastronomie anzukurbeln.

  • Sparsamer Einsatz öffentlicher Mittel:
    → Verzicht auf teure Prestigebauten, die hohe Gestehungs- und Folgekosten verursachen, aber auf längere keinen angemessenen Rückfluss an Einnahmen für die Stadtkasse erwarten lassen. Investitionen müssen vorrangig dem Erhalt der vorhandenen Bausubstanz dienen.
    → Verkleinerung des Magistrats durch die Zusammenlegung von Dezernaten (z.B. Umwelt- und Gartenbauamt).
    → Verwaltungsmodernisierung. Forcierte Digitalisierung und Optimierung der Arbeitsabläufe, um die interne Effizienz zu steigern, die Mitarbeiter zu entlasten und Kosten zu reduzieren.
    → Schaffung materieller Anreize für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, um den sparsamen Umgang mit Steuergeldern zu fördern.
    → Überprüfung aller Beteiligungen und Unterbeteiligungen der Stadt Bremerhaven und Verkauf von unwirtschaftlichen Unternehmen.
    → Steigerung der Effizienz des öffentlichen Beschaffungswesens, insbesondere durch die Bündelung von Einkäufen auch über Behördengrenzen hinweg. Die Kooperation mit angrenzenden Gemeinden im Land Niedersachsen bei der Beschaffung zwecks Kostenersparnis ist zu prüfen.
    → Verkleinerung der Stadtverordnetenversammlung. Die Zahl der Stadtverordneten ist von heute 48 auf 35 zu reduzieren.

     

  • Außerplanmäßige Steuermehreinnahmen, die z.B. aufgrund einer positiven Konjunkturentwicklung anfallen, sind in eine Haushaltsrücklage einzustellen, um eine Finanzreserve für unerwartete Ausgaben etwa in Notsituationen zu schaffen.

     

  • „Aktionsplan Einwohnergewinnung“, mit dem Ziel, die Bevölkerungszahl in Bre- merhaven zur Steigerung von Kaufkraft und Steuereinnahmen zu erhöhen. Im Fokus der Maßnahmen müssen die knapp 20.000 Pendler stehen, die in Bremerhaven arbeiten, ihren Wohnsitz aber in Niedersachsen oder Bremen haben. Es sind preis- werte Bauflächen für Rückwanderer aus dem Umland und hier vor allem für Familien mit Kindern bereitzustellen. Um die wachsende Zahl älterer Menschen in den ländlichen Regionen Niedersachsens zu motivieren, ihren Wohnsitz in die Seestadt zu verlagern, ist eine seniorengerechte Infrastruktur zu schaffen bzw. auszubauen.

     

  • Große Investitionsvorhaben der öffentlichen Hand sind dem Grundsatz der kauf- männischen Vorsicht folgend realistisch zu planen. In diese Planung ist das Rech- nungsprüfungsamt einzubeziehen. Ziele müssen sein, das Geld der Steuerzahler möglichst effizient einzusetzen und unerwartete Kostensteigerungen in der Entste- hungsphase zu vermeiden. Das gilt vor allem für Bauvorhaben.

     

  • Das Bundesland Bremen soll sich im Bundesrat für eine Reform der föderalen Steuerverteilung in Deutschland im Interesse der Stadtstaaten einsetzen. Das Lohn- und Einkommenssteueraufkommen von Pendlern, bei denen Wohn- und Arbeitsort in unterschiedlichen Bundesländern liegen, ist im Verhältnis 50:50 aufzuteilen. Außerdem wollen wir, dass die Gewerbesteuer durch einen höheren Anteil der Kommunen an der Lohn-, Einkommens- und Umsatzsteuer ersetzt wird, um die Einnahmen der Städte konjunkturunabhängiger zu machen und damit zu verstetigen. Von einer solchen Reform würde Bremerhaven wegen des niedersächsischen Umlandes besonders profitieren.

     

  • Stärkung der Rechte des Rechnungsprüfungsamtes Bremerhaven (RPA), um der Verschwendung öffentlicher Mittel in der Seestadt entgegenzuwirken. Insbesondere ist dem RPA der volle Zugriff auf alle angeforderten Unterlagen zu gewähren. Die Unabhängigkeit der bei dieser Behörde tätigen Mitarbeiter ist unbedingt zu gewähr- leisten.

     

  • Konsequentes Vorgehen gegen Steuer- und Sozialleistungsbetrug im Land Bremen. Bei Betriebsprüfungen ist der Fokus auf die ordnungsgemäße Entrichtung der Umsatzsteuer zu legen.

     

  • Aktive Akquisition privater Zuwendungen für öffentliche Zwecke in Form von Sponso- ring, Spenden, mäzenatischen Schenkungen und Werbung, an der sich Behörden, Eigenbetriebe und Stiftungen des öffentlichen Rechts in Bremerhaven beteiligen sollen (Verwaltungssponsoring). Die Unabhängigkeit staatlichen Handelns darf durch das Verwaltungssponsoring aber nicht in Frage gestellt werden.

     

  • Das bürgerschaftliche Engagement in Bremerhaven ist zu stärken. Die Menschen müssen für die ehrenamtliche Wahrnehmung gemeinnütziger Aufgaben mobilisiert werden, damit sich der Staat ganz oder teilweise aus bestimmten Bereichen zurück- ziehen kann, was auch zur Senkung der öffentlichen Ausgaben beiträgt.

     

  • Abschaffung der Hundesteuer. Das Aufkommen aus dieser Steuer, die in der Praxis nur von wenigen Hundebesitzern entrichtet wird, ist gering, während ihre Erhebung einen erheblichen Verwaltungsaufwand verursacht.

     

  • Verzicht auf die Erhebung von Straßenbaubeiträgen, um Hausbesitzer und Mieter zu entlasten.

     

  • Das Personal in den Bürgerbüros Nord und Mitte ist aufstocken, um eine zeitnahe Bearbeitung von Anträgen zu gewährleisten und die Wartezeiten für Besucher auf ein vertretbares Maß zu reduzieren. Gleichzeitig muss die Digitalisierung von Behörden- gängen vorangetrieben werden.

  • Die anstehende Neuregelung der Grundsteuer durch den Bundesgesetzgeber darf nicht zu einer Mehrbelastung von Immobilieneigentümern und Mietern in Bremer- haven führen. Die Stadt muss deshalb ggf. den Gewerbesteuerhebesatz reduzieren, damit die Reform tatsächlich aufkommensneutral bleibt. Mittelfristig ist die Grund- steuer zu senken, um die Einwohnerzahl zu erhöhen und Bremerhaven für Gewerbe- ansiedlungen attraktiver zu machen.